Mittlerweile sind einige Monate vergangen, seitdem ich dieses Buch gelesen habe. Im Kopf geblieben ist mir vor allem die unglaubliche Ehrlichkeit, die Marsh an den Tag legt. Und die Begeisterung, die ihn jedes Mal erfasst, wenn er über die Schönheit des menschlichen Gehirns schreibt, diese ungeheure Komplexität und Perfektion. Er taucht mit seinem Mikroskop darin ein wie in eine heilige Kathedrale, die er von zerstörerischem “Schmutz” befreit. Meistens muss er tödliche Geschwulste entfernen, in stundenlanger Feinarbeit, die manchmal – zum Beispiel durch defekte Instrumente – für ihn selbst zur Tortur wird.
Jeder Patient hat bei ihm ein Gesicht, einen Namen, eine Geschichte. Natürlich hat er alles ein wenig verfälscht, damit keine Rückschlüsse auf echte Personen zu ziehen sind, doch das Herzstück jedes Schicksals bleibt real, beinahe anfassbar. Henry Marsh operiert Gehirne, er operiert Menschen, wird zu ihrer letzten Hoffnung, zu einer Hand, die sie dem drohenden Tod entreißt.