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Medizingeschichte
Die Geschichte der Betäubungsmittel: Kampf gegen den Schmerz

Die Geschichte der Betäubungsmittel: Kampf gegen den Schmerz

Ohne Betäubungsmittel sind Operationen reiner Horror

Einen gebrochenen Knochen richten, einen Finger amputieren oder gleich einen ganzen Arm: Vor der Ära der Betäubungsmittel war das alles reiner Horror. Schon allein einen Zahn zu ziehen oder eine Wunde zu reinigen, ohne lokales Betäubungsmittel, verlangte einiges vom Patienten ab. Bei Operationen mussten Menschen oft festgeschnallt oder von mehreren starken Männern gehalten werden, damit der Arzt (oder wer auch immer Hand anlegte) überhaupt sein Werk verrichten konnte. Die Geschichte der Betäubungsmittel wird zu einer Geschichte der Erlösung. 

Eile verkürzt den Horror – und führt oft zu noch mehr Leid

Schmerzhaft ist sicher überhaupt kein Ausdruck dafür, was ein Patient bei einer Schädeloperation erlitt. Schon allein die Geräuschkulisse am eigenen Kopf! Horror und Qual vereinten sich, da halfen die seit alters her bekannten Betäubungsmittel vermutlich eher wenig. Also musste es vor allem schnell gehen, um dem Patienten langes Elend zu ersparen. Die Eile konnte wiederum zu schweren Fehlern führen, ein Teufelskreis, der oft noch mehr Schmerzen oder ein verfrühtes Ableben nach sich zog.

Eine spannende ergänzende Lektüre zum Thema: “Der Horror der frühen Medizin” von Lindsey Fitzharris beschreibt nicht nur die Qualen, die Patienten früher erleiden mussten. Das Buch richtet vor allem den Blick auf den Ausweg, auf die Welt früher wirksamer Betäubungs- und Desinfektionsmittel. Ich stelle euch das Werk auf meiner Homepage vor, mit diesem Buch lernt ihr die Geschichte der Betäubungsmittel und Desinfektionsmittel noch anschaulicher kennen. 

Wenig wirksam und gefährlich: die ersten Betäubungsmittel

Alkohol gehörte zu den frühsten Mitteln, die zur Betäubung genutzt wurden. Starker Alkohol, und das, wenn nötig, in Mengen. Ein Tee aus Alraunwurzel, Bilsenkraut, Maulbeersaft, Mohnexakt und Schierling diente im Mittelaltar der Betäubung vor Operationen. Der Patient musste diesen giftigen Trank nicht trinken, sondern das Mittel wurde in einen Schwamm geträufelt und dann dem Kranken vor die Nase gehalten. Gesund war das trotzdem nicht, doch dürfte es gereicht haben, um für eine Weile einzuschlafen. Doch wenn der Chirurg loslegte, ging das Geschrei trotzdem los.

"Träne des Mohns" – starkes Betäubungsmittel der Antike

Ein Betäubungsmittel jedoch hatte es damals schon in sich: Die “Träne des Mohns”, das Opium. Gebildete Ärzte der Antike reichten Opium in Pillenform oder mischten es in Salben, um es als lokales Betäubungsmittel zu verwenden. Nichts jedoch ließ die Menschen so tief einschlafen oder völlig schmerzfrei werden, dass eine Operation am entspannten Patienten möglich gewesen wäre.

Bis zur ersten echten Vollnarkose waren es von da noch ein paar tausend Jahre, sie feierte 2021 ihr 175-jähriges Jubiläum.

Die erste Vollnarkose in der Geschichte der Betäubungsmittel

Der US-amerikanische Zahnarzt William Thomas Green Morton überraschte die Fachwelt am 16. Oktober 1846 mit einer regelrechten Zaubershow. Nachdem er einige Zeit mit Lachgas herumprobiert hatte, war er auf Äther umgestiegen, den er aus Schwefelsäure und Ethanol herstellte. Vor der großen Vorführung probte er die Wirkung an sich selbst und an einem Patienten, dem er schmerzlos einen Zahn ziehen konnte.

William Thomas Green Morton
1819 - 1868

William Thomas Green Morton

Zahnarzt und Erfinder der Äther-Narkose

In meinem historischen Roman und Hörbuch “Herz und Hände”, der im 19. Jahrhundert angesiedelt ist, kommen auch historische Betäubungsmittel zur Sprache. Der Chirurg Adrien Laurent ist stets auf der Suche nach neuen medizinischen Lösungen und kämpft sich nebenbei mit Tricks und Cleverness sehr unfreiwillig durch die französischen Kolonialkriege.

Den Lese- und Hörstoff gibt es u.a. bei Amazon und natürlich bei Spotify.

Cover zum Hörbuch "Herz und Hände"

Morton überzeugte den Chirurgen John Collins Warren, das neue Betäubungsmittel öffentlich zu demonstrieren und so kam es zum großen Event. Vor Zuschauern versetzte Morton einen Patienten mit Ätherdämpfen in tiefen Schlaf und Morton begann, zu operieren. Und tatsächlich wachte der Mann unter dem Messer nicht, auf, sondern blieb seelenruhig liegen. Die abschließenden Worte des Chirurgen: “Gentlemen, das ist kein Humbug!” wurden zum Startschuss einer medizinischen Revolution.

Die moderne Geschichte der Betäubungsmittel

Als 2005 die WHO den Äther von der Liste der unentbehrlichen Medikamente strich, waren längst viele andere, wirksamere und besser verträgliche Mittel an dessen Stelle getreten. Heute gibt es strenge Betäubungsmittelgesetze, die Missbrauch vorbeugen sollen. Auf Rezept können Schmerzpatienten bestimmte Medikamente daheim verwenden, zum Beispiel das Betäubungsmittel Tavor oder das Betäubungsmittel Ortoton – beide sind verschreibungspflichtig. Andere Betäubungsmittel gehören strikt ins Krankenhaus, vor allem diejenigen, die eine Narkose einleiten. Über die Entwicklung der Betäubungsmittel gibt es noch einiges mehr zu sagen. Ich setze dieses Thema also fort.
Geschichte der Betäubungsmittel: erste Äther-Narkose
Die erste öffentliche Vorführung der Äther-Narkose 1846

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